Der Tod, unser allertreueste Feind oder Freund?

Meistens meiden wir Menschen das Thema Tod. Wir fürchten uns vor ihm. Wir ignorieren ihn und leben so, als ob es den Tod nicht gebe und nie geben wird. Und dann passiert er. Plötzlich. Unerwartet. Passiert es jemandem anderen, jemandem den wir kennen, jemandem den wir lieben.
Mir wurde gesagt: Schreibe nicht über den Tod. Das wird niemand lesen. Keiner möchte etwas darüber wissen. Ich muss aber gerade das tun, über den Tod schreiben, denn die unmittelbare Begegnung mit ihm habe ich gerade hinter mir. Jemand den ich sehr geliebt habe, ist plötzlich zurück in sein geistiges Heim gegangen. Plötzlich? Der Tod kommt immer plötzlich. Auch dann, wenn wir beobachten, wie eine geliebte Person von Tag zu Tag mehr von seiner Lebensenergie verliert. Auch dann, wenn wir sehen und wissen, dass das Ende naht, weigern wir uns dies wahrzunehmen und der Tod trifft uns doch unvorbereitet, mit voller Wucht. Seit unserer Geburt ist er aber unser treuer Geselle und begleitet uns mit Schritt und Tritt. Wir sterben jeden Augenblick und im Laufe des Lebens sind wir tausende und abertausende Male gestorben und wiedergeboren worden und haben es gar nicht bemerkt (und merken es weiterhin nicht), wann dieser Tod, diese Transformation stattgefunden hat. Widerfährt uns auf diese Weise ein entstandener Verlust, dann leiden und trauern wir. Wegen der Trennung. Wegen dem Alleinbleiben. Wegen der vollkommenen Umstellung unseres Alltags. Alles wird für uns neu und unbekannt.

Wie sollen wir uns zurechtfinden? Wir sind unsicher wie es weiter geht, werden wir allen Versuchungen gerecht werden? Wo sollen wir hin und wie? Wir beweinen uns selbst, denn wir wissen ganz genau, dass es unserem Verschiedenen, dort wo er sich befindet, gut geht. Er hat sich befreit von den Fesseln des ausgedienten Körpers und genießt jetzt die neugewonnene Freiheit. Woher soll ich das wissen? Ich sagte am Anfang ich habe so ein Erlebnis gerade hinter mir. Mein Mann ist eingeschlafen, um nie mehr in diesem Leben aufzuwachen, aber er war bei mir und ist da, immer wenn ich ihn brauche. Er hat mir gesagt:
„Weine nicht um mich. Mir geht es blendend gut. Besser als je zuvor. Ich kann so klar denken wie schon lange nicht mehr. Ich kann die herrlichsten Düfte riechen, die ich schon lange Jahre nicht gerochen habe. Ich bin so leicht und frei und glücklich. Sogar fliegen kann ich! Siehst du, du hast keinen Grund mich zu beweinen. Wenn du mich liebst, dann freue dich mit mir und sei glücklich meinetwegen.“
Mir ging es danach besser. Ja, viel besser. Damit möchte ich nicht sagen, dass ich nie mehr traurig war und geweint habe. Das habe ich wohl, aber jedes Mal wenn mich solche Gefühle überfallen, denke ich an seine Worte. Und ich denke auch daran, dass ich selbst entscheide, ob ich trauern oder mich freuen möchte. Für beides habe ich einen guten Grund. Ich weiß, in unserer Gesellschaft schickt es sich nicht, kein Trauernder zu sein, wenn jemand gestorben ist, aber meiner Meinung nach ist das die Sache eines jeden Einzelnen von uns und nicht der Gesellschaft als solche. Und wie denken Sie darüber?

Sie müssen sich einloggen um ein Kommentar zu schreiben Login

Hinterlasse eine Antwort